In der Kindertemperamentsforschung werden folgende
Meßmethoden verwendet (vgl. Zentner, 1993, S. 83-94):
der Verbalreport,
Verhaltensbeobachtungen und
physiologische Messungen
Verbalreport
Zum Verbalreport zählen Eltern-Interviews und Fragebögen.
Beim Eltern-Interview werden den Eltern Fragen zu den Verhaltensweisen ihres
Kindes gestellt. Für die verschiedenen Verhaltenskategorien werden verschiedene
Fragen vorbereitet, so dass der Interviewer so lange fragen kann bis eine
Einstufung des Kindes möglich ist. Der Vorteil dieser Interviews ist sicherlich
, dass man auch Feinheiten von Verhaltensweisen erfassen kann, die beim
Fragebogen verloren gehen würden. Außerdem kann die Fragestellung von
Interviewer erläutert werden. Trotzdem wird diese Verfahrensweise im Gegensatz
zum Fragebogen nur selten verwendet.
Der Fragebogen wird hingegen häufig verwendet, sowohl in der
Forschung, als auch in der Praxis. Die verwendeten Fragebögen sind für
unterschiedliche Kindesalterkonzipiert worden und haben unterschiedliche Länge.
Sie reichen von 20 Fragen bis zu über 100. Durch den Einsatz von Fragebögen
lassen sich ohne großen zeitlichen und materiellen Aufwand Verhaltensweisen von
Kindern erfassen. Durch die Eltern als Informanten lässt sich zudem das gesamte
Verhaltensrepertoire des Kindes sammeln, und nicht nur das Verhalten in einer
bestimmten Situation, wie es sonst bei Beobachtungssituationen der Fall ist.
Kritiker finden bei dieser Methode genügend Angriffsfläche. Es ist natürlich
fraglich, ob Eltern ihr eigenes Kind überhaupt objektiv beurteilen können.
Ihre Beobachtungen sind verbunden mit bestimmten Erwartungen, die sie an das
Kind haben. Außerdem bleibt meist unklar welche Vergleichsmöglichkeiten Eltern
haben. Es ist schwer einzuschätzen wie hoch die Intensität eines Merkmals ist,
wenn kein objektiver Richtwert vorhanden ist. Messfehler können auch dadurch
entstehen, dass bestimmte Fragen von verschiedenen Eltern unterschiedlich
interpretiert werden können.
Des weiteren werden bei Skaleneinschätzungen häufig Mittelwerte angegeben, da
das Verhalten in unterschiedlichen Situationen differiert. Der Fragebogen bietet
meist keine Möglichkeit differenziertere Angaben zu machen, so dass ein
Durchschnittswert gebildet wird.
All diese Kritikpunkte tragen aber dazu bei, dass Fragebögen ständig
verbessert werden, ihre Fragen sorgfältiger gestellt und ausgewertet werden und
somit mit dieser Technik bessere Ergebnisse erreicht werden können.
Verhaltensbeobachtungen
Um eine Beobachtung quantifizieren zu können bieten sich
drei Aspekte an:
die Häufigkeit eines bestimmten Verhaltens,
die Dauer eines bestimmten Verhaltens und
die Intensität eines bestimmten Verhaltens.
Um gezielt ein Verhalten beobachten zu können, hat man
inzwischen Laborumfelder entwickelt. Mit Hilfe von standartisierten
Beobachtungsbögen, die sich zur Erfassung von Temperamentsmerkmalen eignen,
kann man so durch Beobachtung Vermutungen auf das Temperament eines Kindes
anstellen. Solche Beobachtungen, die mit den Augen durchgeführt werden können,
werden direkte Verhaltensbeobachtungen genannt. Im Gegensatz dazu gibt es auch
vermittelte Verhaltensbeobachtungen. Hierbei werden die Verhaltensweisen mit
Hilfe von bestimmten Instrumenten ermittelt. Ein Aktometer beispielsweise, der
an Armen und Beinen angeschlossen werden kann, mißt, durch Anzeigen der
Intensität von Bewegungen, die Aktivität.
Solche Beobachtungsdaten aus Laborumfeldern liefern meist genauere Daten als
Befragungen. Trotzdem werden sie häufig aufgrund ihrer Validität kritisiert.
Deswegen wurden zusätzlich naturalistische Beobachtungen in der Schule, sowie
im Elternhaus der Kinder eingeführt.
Physiologische Messungen
Viele Temperamentstheoretiker gehen davon aus, daß ein
Temperamentsfaktor auf einer biologischen Grundlage aufbaut. Daher werden in der
Kindertemperamentsforschung auch physiologische Messungen durchgeführt. Dies
sind beispielsweise Messungen der Hirnstromaktivität, der Herzschlagrate, des
Blutdrucks, der Pupillenerweiterung, der Qualität der Stimme, der
Hautleitfähigkeit, der Oberflächentemperatur und der Streßhormone.
Es kann allerdings bislang keine hohe Korrelation zwischen den Ergebnissen der
psychophysiologischen Messungen und Temperamentsdimensionen festgestellt werden.
Als Grund hierfür wird die Tatsache angesehen, daß die oben genannten
Messungen sich auf das periphere Nervensystem beziehen. Da das periphere
Nervensystem auf viele Faktoren reagiert, ist es noch nicht gelungen Indikatoren
für ein bestimmtes Temperamentsmerkmal zu finden. Es wird aber trotzdem
weiterhin davon ausgegangen, daß ein Zusammenhang besteht und daß dieser durch
physiologische Messungen zu ermitteln ist, sofern sich die biologischen
Grundlagen im zentralen Nervensystem befinden. Sie Möglichkeit zur Messung von
zentralnervöser Aktivität dürfte die Forschung an dieser Stelle also etwas
weiter voranbringen.