3.3 Ressourcenorientiertes pädagogisches Handeln (Kaniak-Urban)

Kaniak-Urbans Modell bezieht sich auf den Auftrag der Schule allgemein. Der Erziehungsauftrag der Schule beinhaltet einerseits die Förderung des Lern- und Leistungsbereiches, aber auch des sozial-emotionalen Bereiches der Persönlichkeitsentwicklung. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, schlägt die Autorin das Modell des ressourcenorientierten Handelns vor. Sie beschreibt den Begriff Ressourcen folgendermaßen:
"Fertigkeiten, die ein Kind anwendet, psychische Funktionen, die es einsetzt, um sich zu orientieren, werden in Interaktion mit der Umwelt trainiert und ausgebildet.
Sie stellen die Ressourcen eines Kindes dar. Zu den Ressourcen gehören die Kompetenzen ebenso wie die das Selbst unterstützenden Erfahrungen, in denen ein Kind sich als wertvoll und wirksam erlebt hat." (Kaniak-Urban, 1995, S.202 f.)
Ein Lehrer sollte dem entsprechend die Ressourcen eines Kindes erkennen, um es fördern zu können. "Kenntnisse über die Ressourcen als die 'Stärken' des Kindes sowie seine Bedürfnisse in kritischen Lebensereignissen statten des Lehrer mit einem theoriebezogenen pädagogischen Handlungsrepertoire aus, dem Kind zu geben, was es für seine Entwicklung braucht und anzuregen, wie es sich selbst stützen kann." (Kaniak-Urban, 1995, S. 203)

Wir-Experten

Das Seelchen-Kind
Seelchen-Kinder haben gute soziale Fähigkeiten, wodurch sie in der Lage sind das Wir-Gefühl einer Klassengruppe zu festigen. Diese Kinder sind rasch bereit positive Eigenschaften an anderen wahrzunehmen und können sich gut in andere einfühlen. Sie halten Kontakte in der Klasse aufrecht, besuchen kranke Kinder und unterstützen den Lehrer beim Aufbau eines lernfreundlichen Klassenklimas. Sie sprechen gerne über eigene Erlebnisse und können auch Erfahrungen gut verbalisieren. Auch erfinden sie gerne Geschichten und genießen es in andere Rollen zu schlüpfen, wie es beim Rollenspiel oder beim Theater möglich ist. Aber auch Phantasiereisen stoßen bei ihnen auf Interesse. da sie sich dort entspannen können und Kontakt zu ihren Inneren aufnehmen können.
In streßreichen Situationen intensivieren Seelchen-Kinder ihre Suche nach Nähe. Eine verständnisvolle Beziehung zum Lehrer kann für diese Kinder dann hilfreich sein. Wichtig ist auch, daß die Kinder ihr Selbstwertgefühl bestärken können und das Gefühl bekommen eine individuellen Beitrag zum Schulleben leisten zu können. Sie schätzen persönliche Gespräche, in denen deutlich wird das andere sie verstehen oder Geschichten, in denen eine Person eine ähnlich schmerzliche Situation bewältigt hat.

Das Pflicht-Kind
Pflicht-Kinder sind darauf bedacht die Regeln der Schule einzuhalten und auch alle anderen Kinder dazu zu verpflichten. Sie sind stolz wenn sie Verantwortung übernehmen können, wie z.B. Geld einsammeln oder die Klassenbücherei führen und freuen sich, wenn sie vom Lehrer als Hilfs-Autorität eingesetzt werden. Dabei liegt es am Geschick des Lehrer darauf zu achten, daß diese Kinder nicht als Streber abgetan werden. Gerne arbeiten sie auch in konkreten und praktischen Fächern (Werken, Handarbeit), weil sie dort etwas Brauchbares herstellen können, was anderen Menschen nützt.
In einer Krise suchen Pflicht-Kinder verstärkt nach Orientierung. Sie brauchen Bestätigung, dass sie ihre Sache gut machen, und das Gefühl von Selbstwirksamkeit bei der Erfüllung einer Aufgabe muss bestärkt werden. Auch sind sie, wie die Seelchen-Kinder, auf eine tragfähige stabile Beziehung angewiesen und möchten Mithilfe im Schulalltag leisten.

 

Ich-Experten

Das Abenteuer-Kind
Abenteuer-Kinder möchten sinnlich konkrete Erfahrungen machen und von diesen gefesselt werden. Sie sind bereit ihre außerschulischen Erfahrungen in den Unterricht einzubringen, aber auch durch gestellte Aufgaben ihre Umwelt zu erkunden. Bei der Suche von neuen Lösungswegen sind sie sehr kreativ. Sie mögen Fächer bei denen aktiv etwas getan wird, wie Sport, Musik, Theaterspielen, Kunst, aber auch Fächer wie Sachunterricht, bei denen man viel entdecken kann. Wenn sie sich für eine Sache interessieren, arbeiten sie so motiviert, dass sie andere Kinder mitreißen können. Außerdem haben sie keine Scheu ihre Ergebnisse in der Öffentlichkeit vorzustellen.
In einer Krise brauchen Abenteuer-Kinder sowohl Hilfe zur Impulskontrolle, als auch die Würdigung ihrer Kompetenzen in erweiterten Lebens- und Handlungsräumen. Oft ist es hilfreich wenn der Lehrer in der Lage ist zwischen Absicht und Handlung zu trennen. Die Absicht und die Gefühle (wie Wut, Rache) sollten vom
Erzieher akzeptiert werden, aber die Handlung untersteht den Abmachungen des sozialen Miteinanders und muss damit eindeutig in Grenzen gesetzt werden. wichtig ist es auch diesen Kinder mit einer zuversichtlichen, helfenden Ausstrahlung gegenüberzutreten.

Das Schlaukopf-Kind
Schlaukopf-Kinder gehen in die Schule, um ihre intellektuelle Neugierde stillen zu können. Sie hoffen Antworten auf vieles zu bekommen und Wissen zu erlangen. Sie akzeptieren den Lehrer als Führungsperson, wenn er kompetent ist und ihnen Wissen anbietet und stützen Normen, die aufgestellt werden, wenn sie ihren logischen Sinn erkannt haben. Am liebsten ist ihnen klar gegliederter Unterricht, bei dem ihnen einsichtige Begründungen angeboten werden. Meist sind Schlaukopf-Kinder in der kognitiven Entwicklung ihren Mitschülern etwas voraus, überspringen gerne Zwischenschritte und suchen nicht unbedingt kreativ, aber gründlich, durchdacht und mit Wissbegier Lösungswege.